6.Bild: Christinas Tod
In der Folge lässt Giuliano sie aus dem Gefängnis holen und ins Amphitheater führen. Zuerst werden ihr die Brüste und die Zunge abgeschnitten. Sie hebt ihre Zunge auf und schleudert sie gegen Giuliano, den sie trifft und der erblindet. Dann wird sie an einen Pfahl gebunden. (Hier bemerken wir sogleich, dass sich unterhalb der Spitze ein Baum befindet, der eine zentrale Bedeutung im Gemälde hat. Der Pfahl, an dem Christina festgebunden ist, wird von dem Künstler als Lebensbaum dargestellt, Symbol des Lebens und nicht des Todes, so wie das Kreuz Christi Auferstehung ist und nicht nur Tod. Dem Martyrium Christinas folgen nämlich effektiv viele Bekehrungen und eine neue christliche Gemeinschaft.) Anschließend schleudert man einen Pfeil auf sie, der sie tötet. Kurz darauf holt ein Verwandter ihren Körper und begräbt ihn in der Nähe des Apollotempels, auf dem dann im Laufe der Zeit die Basilika errichtet wurde.
1. Jetzt ist die Frage berechtigt inwieweit die oben geschilderte Geschichte, auch historisch ist. Natürlich kann man das nicht wissen, vielleicht ist sie auch aus dem Eifer der Berichterstatter heraus entstanden, die das Volk die christliche Religion lehren wollten. Auf jeden Fall sind einige Tatsachen gewiss: das Datum des Todes ist der 24. Juli 302. Zudem bekunden archäologische Studien, dass bereits im V Jahrhundert, also 100 Jahre nach ihrem Tode, an jenem Ort eine Märtyrerin Christina verehrt wurde. Im VI Jahrhundert ist das Bildnis der Christina schon in den Mosaiken der Sant‘ Appollinare in Ravenna vorhanden.
Im X Jahrhundert ist die Verehrung der Heiligen mittlerweile in der ganzen Welt überliefert, allein in Italien gibt es 158 Kultstätten. Es ist also eine Tatsache, dass eine Märtyrerin namens Christina in jener Zeit gelebt hat, sie Folterungen erdulden musste und in der Folge Bolsena bekehrt wurde.
2. Was haben die Symbole, die wir außerhalb dargestellt sehen konnten, mit der Heiligen zu tun?
Das Wasser: die Taufe, Quell des Lebens; der See, der sie ertränken hätte sollen, unterstützt sie.
Das Feuer: zwei Mal während ihrer Qualen erlebt Christina das Feuer als Versuch der Unterdrückung und gleichzeitig wird es die Offenbarung der Kraft und der Liebe Gottes.
Das Labyrinth: wie konnte sich Christina aus den Wirren der Lebensentscheidungen befreien? Indem sie das Kreuz Jesus zu ihrem Lebensmittelpunkt machte.
• Christina ist ein faszinierendes Mädchen. Warum? Wir kennen zwar keine anderen Mädchen in ihrem Alter, aber gewisse werden sicher anmutiger, intelligenter und sympathischer gewesen sein. Was also hat Christina von den anderen hervorgehoben und sie so besonders sein lassen? Die Antwort ist: ihre Freundschaft zu Gott. Die Begegnung mit ihm hat ihr Leben so durcheinander gebracht, dass sie ihre Eltern verleugnet und sich dem Martyrium hingibt.
In der Überschrift sind unter anderem die Begriffe „eine unvergängliche Hoffnung“ verwendet. Was ist die Hoffnung anderes als die Gewissheit der Zukunft? Christina hat ihr Leben mit der unvergänglichen, unauslöschbaren Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod und dem Sieg der Liebe über den Hass beendet.
• Letzter Punkt: Die Schriftstücke über die Märtyrer sind kein ergreifendes, sondern ein trockenes Buch, das mit der Christenverfolgung der ersten Jahrhunderte endete. Die Glaubensmärtyrer gibt es und viele auch noch in der heutigen Zeit. Ich bringe ein kurzes Beispiel über einen Katecheten aus Uganda namens Francis, der 1982 (vor dreißig Jahren) verstorben ist und nur wenig älter als Christina war.
Ein Zeuge hat die letzten Augenblicke Francis‘ so wiedergegeben: „Die Soldaten, die ihn einige Wochen zuvor mehrmals bedroht hatten, da sie nicht wollten, dass er in die Kirche ging und sich mit Freunden traf, um über das Wort Gottes zu meditieren, kamen und nahmen ihn von zuhause mit. Erst schlugen sie ihn mehrfach mit Fußtritten und Fäusten, dann fesselten sie ihn gemeinsam mit seinem Vater und seinem Bruder. Schließlich waren wir sechs Männer, die aneinander gebunden waren. Ab einem gewissen Zeitpunkt des Weges begannen die Soldaten uns zu schlagen, einer traf mit einem Fußtritt Francis‘ Wirbelsäule und dieser fiel in sich zusammen. Er versuchte sich zu erheben, doch er schaffte es nicht. „Heilige Muttergottes, meine Mutter, ich sterbe unschuldig“, sagte er. Letztendlich gelang es ihm mit großer Müh und Not sich aufzurappeln. Er ging einige Schritte weiter, aber er stürzte zum zweiten Mal zu Boden. „Ich kann das Ganze nicht mehr ertragen“, sagte er, „ich kann mich nicht mehr bewegen. Mein Gott, ich sterbe grundlos.“ Die Soldaten näherten sich ihm und fragten: „Bist du müde?“ „Ja“, antwortete Francis. Also banden sie ihn los, holten einen Holzscheit und hauten ihn so fest es ging auf den Rücken. Sie hängten ihn kopfüber, verprügelten ihn weiter und stachen auf ihn ein. An dieser Stelle konnte ich ihn nicht mehr ansehen. Ich konnte nur hören wie sie ihn weiter peinigten. Ich hörte seine Worte: „Herr, verzeih ihnen. Ich sterbe grundlos. Ich weiß nichts. Herr, verzeih ihnen. Jesus ist auf die selbe Art und Weise behandelt worden.“ Da drehte ich mich zu ihm und sah, dass er gestorben war,....